26.06.2008
Der Traum von der Sommerfigur führt bei einigen Menschen zu dem Wunsch zu fasten. Doch als Diätmaßnahme ist eine Fastenkur nicht geeignet. Sie bietet aber manchmal mehr, als es die kurze Freude über ein paar verlorene Pfunde vermag (die als Nebeneffekt beim Fasten auch purzeln). Fasten kann nämlich glücklich machen. Nur wie - was hat Fasten mit Glück zu tun?
Vor knapp einem Jahrhundert wurde die Idee des (Heil)fastens geboren. Der Arzt Dr. Otto Buchinger entdeckte im Jahre 1919, als er schwer an rheumatischem Fieber erkrankte, dass eine dreiwöchige Fastenzeit seine entzündeten Gelenke gänzlich heilen konnte: „Als ich am 19. Tag das Fasten beenden musste, war ich schwach, mager, aber – ich konnte alle Gelenke bewegen wie ein gesunder Rekrut. Diese Kur...rettete mir wahrhaftig Existenz und Leben“, schreibt Otto Buchinger in seiner Biographie. Die Fastenmethode, die Buchinger daraufhin entwickelte und die bis heute mit seinem Namen verknüpft ist, nannte er „Heilfasten“ – ein Fastenkonzept, das Körper, Geist und Seele umfasst. So orientiert sich auch die heutige Buchinger Behandlungsmethode am ganzen Menschen – und verspricht, dass der Fastende nicht nur gesünder (und nebenbei auch schlanker), sondern vor allem glücklicher wird.
Was aber passiert mit uns, wenn unser Körper auf das geliebte Essen verzichtet? Während seiner Fastenzeit nahm Otto Buchinger neben den körperlich-therapeutischen Wirkungen auch die psychisch-seelische Dimension des Fastens wahr. Was beim Fasten Hungergefühle entwickelt, ist nicht der Körper, sondern der Geist: „Im Fasten geht es dem Körper gut, aber die Seele hungert“, bringt Dr. Francoise Wilhelmi de Toledo die Erkenntnis Buchingers – seine „Diätetik der Seele“ - auf den Punkt. Die leitet zusammen mit ihrem Mann Raimund Wilhelmi (ein Enkel Otto Buchingers) die Buchinger Klinik am Bodensee. Gemeinsam sorgen sie dafür, dass es ihren Gästen an nichts mangelt. Auch der Mangel an Essen wird nicht als Mangel empfunden – solange die Seele ihre Nahrung bekommt. „Man wird aufmerksamer gegenüber sich selbst und den Dingen, die einen umgeben“, erzählt Toledo und fügt hinzu: „Deshalb ist man in der Klinik in Übersee auch nur von schönen Dingen umgeben.“
Doch wie ist es zu erklären, dass beim Heilfasten diese – manchmal schon euphorischen – Glücksgefühle entstehen? Der Neurobiologe Prof. Dr. Dr. Gerald Hüther, der sich als Hirnforscher an der Psychiatrischen Klinik der Universität Göttingen sowie als Autor vieler auch für Laien verständlicher Fachbücher einen Namen gemacht hat, erklärt diesen Prozess folgendermaßen: „Glücklich machende Botenstoffe wie Serotonin oder Dopamin werden im Gehirn erst dann ausgeschüttet, wenn der Mensch schwere, aber zu bewältigende Aufgaben löst. Nur, wenn man loslassen kann und sich das Hirn in einer Ruhephase befindet, benutzt man es erst richtig“. So würden auch beim Fasten, dem bewussten „Loslassen“ des Bedürfnisses nach Nahrung, neue neuronale Netzwerke im Gehirn verknüpft, die für die Ausschüttung dieser „Glückshormone“ verantwortlich sind. So wie das Hirn also Pausen braucht, um innovativ zu sein, braucht auch der Körper eine Ruhephase, um die Seele zu füttern. Und dass beim Fasten auch noch einige Pfunde purzeln, trägt schließlich auch zum Glücksgefühl bei.